Koproduktion von Wissen und Handeln bedeutet, dass verschiedene Akteure gemeinsam kontextspezifisches Wissen und Wege zu nachhaltigen Zukünften generieren. Es ist ein alternatives Modell zu klassischeren Formen der Interaktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, bei denen davon ausgegangen wird, dass die Wissenschaft neues Wissen generiert, auf dessen Grundlage die Gesellschaft dann handelt. Da Nachhaltigkeitsprobleme oft zu komplex und umkämpft sind, als dass sie von einzelnen Disziplinen alleine gelöst werden könnten, ist die gemeinsame Produktion von Wissen und Handeln ein vielversprechender Weg, da sie es ermöglicht, vielfältiges Wissen aus unterschiedlichen Disziplinen und der Praxis zu kombinieren .
Nachhaltigkeitsorientierte Forschungsnetzwerke wie z Zukünftige Erde sind Formationen, die Akteure aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft über geografische Maßstäbe oder Sektoren hinweg verbinden, um die Zusammenarbeit bei der Erzeugung von Wissen und/oder Maßnahmen für Nachhaltigkeit zu fördern. Solche Netzwerke sind normalerweise um eine Art „Unterstützungsinstanz“ (z. B. ein Sekretariat oder einen Lenkungsausschuss) herum organisiert, die den Netzwerkmitgliedern helfen, ihre gemeinsam definierte Mission zu erfüllen. Diese Mission, aber auch die Governance-Philosophie eines Netzwerks und damit verbundene Aktivitäten unterscheiden sich von Netzwerk zu Netzwerk. Einige Netzwerke konzentrieren sich auf die Forschung, während andere mehr daran interessiert sind, Wissen in die Tat umzusetzen. Trotz ihrer unterschiedlichen Aufgaben, Philosophien und Strukturen teilen Netzwerke bestimmte Funktionen und Kapazitäten, die sich von denen einzelner Organisationen wie Universitäten oder Forschungsprojekten unterscheiden. Im Fall der Wissenskoproduktion sind Netzwerke besonders nützlich, da sie beispielsweise verschiedene Akteure flexibel verbinden, Kräfte bündeln oder Informationen verbreiten.
Der Netzwerkkompass stellt einen wichtigen Ansatzpunkt dar, um einen systematischen Reflexionsprozess darüber zu strukturieren, wie Netzwerke auf unterschiedliche Weise zu Koproduktions- und Nachhaltigkeitstransformationen beitragen können. Die Methodik wurde durch einen Reflexions- und Lernprozess entwickelt, der mit verschiedenen Partnernetzwerken von Future Earth wie GLP, GMBA, BioDiscovery, MRI, PAGES und ITD Alliance durchgeführt wurde, um besser zu verstehen, wie globale Forschungsnetzwerke effektiver und kollaborativer sein können, um zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen .
Der Netzwerkkompass unterstützt Netzwerke dabei, kritisch über die Rolle der Koproduktion bei der Verfolgung ihrer Mission nachzudenken und wie sie das damit verbundene Potenzial verbessern können. Mit Hilfe des Kompasses können Netzwerke analysieren, auf welch vielfältige Weise sie Koproduktion fördern – etwa durch einzelne Netzwerkmitglieder in spezifischen Kontexten, durch die Gemeinschaft der Netzwerkmitglieder untereinander und/oder durch die Förderinstanz des Netzwerks.
Bisher wurde der Netzwerkkompass für folgende Zwecke eingesetzt:
Da die Einbeziehung von Koproduktionsprozessen eine herausfordernde Aufgabe sein kann, die neue, unerprobte Strategien und grundlegende Transformationen der Netzwerke selbst erfordert, ist das Lernen innerhalb und zwischen Netzwerken von entscheidender Bedeutung.
Der Netzwerkkompass bietet einen iterativen, schrittweisen Ansatz, um Netzwerke dabei zu unterstützen, Koproduktionsprozesse systematisch zu reflektieren und zu fördern.
In einem ersten Schritt definieren Netzwerke ihre Mission und Nachhaltigkeitsziele. In einem zweiten Schritt müssen Aktivitäten identifiziert werden, die der definierten Mission und den Zielen entsprechen. Hier bietet der Netzwerkkompass vier generische Handlungsfelder, die zur systematischen Reflexion genutzt werden können:
Handlungsfeld 1: Verbindung unterschiedlicher Akteure und Maßstäbe, um Koproduktionen zu ermöglichen
Netzwerke können sich fragen: Um unsere Mission zu erfüllen, (beabsichtigen) wir, Akteure über Disziplinen, Sektoren der Gesellschaft, Orte und Größenordnungen hinweg zusammenzubringen? Und wollen wir damit eine Gemeinschaft aufbauen, die sich an der Koproduktion von Wissen und Handeln beteiligt? Dann können spezifische verwandte Aktivitäten identifiziert werden, z. B. die Organisation von Konferenzen oder Workshops.
Handlungsfeld 2: Unterstützung der Netzwerkmitglieder bei Koproduktionen
Netzwerke können sich fragen: Wie können wir unseren Mitgliedern helfen, Koproduktionen in ihren Kontexten umzusetzen? Spezifische Aktivitäten könnten die Bereitstellung von Informationen, Schulungen und Finanzierungsmöglichkeiten umfassen.
Handlungsfeld 3: Koproduktion fördern, um die transformative Kraft eines Netzwerks zu nutzen
Netzwerke können sich fragen: Wie können wir die Bemühungen unserer Mitglieder bündeln, um gemeinsam stärker zu werden? Relevante Aktivitäten wären die Koordinierung von Syntheseberichten, die Erhöhung der Sichtbarkeit der Gemeinschaft oder der Beitrag zu hochrangigen politischen Prozessen.
Handlungsfeld 4: Innovation im Netzwerk zur Stärkung der Koproduktion
Netzwerke können fragen: Welche Innovationen sind erforderlich, um die Fähigkeit des Netzwerks zu stärken, sich an Koproduktionen zu beteiligen? Relevante Aktivitäten wären Selbstreflexion, Visionsentwicklung oder Prototyping neuartiger Koproduktionsansätze.
Bei der Identifizierung dieser Aktivitäten kann es hilfreich sein, sich zunächst darauf zu konzentrieren, die Bedeutung bestehender Aktivitäten zu überdenken und dann zu diskutieren, welche anderen Aktivitäten für die Zukunft wichtig sein könnten.
Sind diese Aktivitäten identifiziert, werden sie im dritten Schritt auf ihr Potenzial hin untersucht, die Nachhaltigkeitsziele des Netzwerks effektiv zu erreichen. Hier können sich die Netzwerke kritisch fragen, warum sie glauben, dass die identifizierten Aktivitäten zur Nachhaltigkeit beitragen. Mögliche Reflexionsfragen können von der Überprüfung der Problemdiagnosen, Wissenslücken und Kontextbedingungen bis hin zu potenziellen Hindernissen oder erforderlichen Ressourcen und Fähigkeiten reichen. Abhängig von den Ergebnissen dieser Reflexionsprozesse könnten die Netzwerke ihre bestehenden Strategien anpassen (z. B. stärkere Betonung von Innovationen innerhalb ihrer Netzwerke) und/oder ihr Aktivitätsportfolio ändern (z. B. die Einführung von Visionsentwicklung oder Trainingsaktivitäten).
Der Netzwerkkompass kann ein zentrales Instrument für nachhaltigkeitsorientierte Forschungsnetzwerke sein, um ihr Potenzial für Koproduktionen auszuschöpfen. Es kann sowohl zur Bewertung vergangener Nachhaltigkeitsaktivitäten als auch zur strategischen Zukunftsplanung genutzt werden und damit die Prozesse der Co-Produktion stärken.
Lesen Sie die praktischen Richtlinien
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Flurina Schneider, Theresa Tribaldos, Carolina Adler, Reinette (Oonsie) Biggs, Ariane de Bremond, Tobias Buser, Cornelia Krug, Marie-France Loutre, Sarah Moore, Albert V. Norström, Katsia Paulavets, Davnah Urbach, Eva Spehn, Gabriela Wülser, Ruben Zondervan, Koproduktion von Wissen und Nachhaltigkeitstransformationen: ein strategischer Kompass für globale Forschungsnetzwerke, Aktuelle Meinung zur ökologischen Nachhaltigkeit, Bd. 49, 2021, S. 127-142.
Diese Rezension stammt aus einer Themenausgabe von Aktuelle Meinung zur ökologischen Nachhaltigkeit zum Wissensstand zu gesellschaftlichen Transformationen zur Nachhaltigkeit.
Dieser Blog wurde ursprünglich am veröffentlicht Soziale Ökologie.
Titelbild: Der Netzwerk-Kompass, von Flurina Schneider,